Auf den Spuren eines Zara-Hoodies (Public Eye Magazin Nr. 20, November 2019)

Page 26

26

PUBLIC EYE MAGAZIN  Nr. 20  November 2019

Mosambik-Skandal:

Für die Credit Suisse wird es ungemütlich Die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam – aber in Bezug auf die Kreditaffäre in Mosambik machen die Justizbehörden in Mosambik und in den USA vorwärts. In der Schweiz warten wir dagegen weiterhin darauf, dass sich die Bundesanwaltschaft als zuständig erklärt und eine Strafuntersuchung gegen die Credit Suisse eröffnet. Doch neu aufgetauchte Dokumente liefern weitere Indizien, wie tief die Bank in die Kreditvergabe verstrickt war. DAVID MÜHLEMANN

Am Anfang der Saga standen versteckte Schulden: Im Frühling 2016 deckte das Wall Street Journal geheime, von der Regierung garantierte Kredite von zwei Milliarden US-Dollar an halbstaatliche mosambikanische Unternehmen auf. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und weitere Gläubiger, darunter auch die Schweiz, stellten ihre Zahlungen an Mosambik ein, woraufhin das Land seine Zahlungsunfähigkeit erklären musste. Ein massiver Korruptionsskandal Mittlerweile geht es nicht mehr nur um versteckte Schulden, sondern um einen der grössten Korruptionsskandale der jüngeren Geschichte auf dem afrikanischen Kontinent. Unbestritten ist, dass die britische Tochtergesellschaft der Credit Suisse (CS), die Credit Suisse International (CSi), zusammen mit der russischen Bank VTB 2013 und 2014 Kredite von insgesamt rund zwei Milliarden US-Dollar an Staatsfirmen in Mosambik vergeben hat. Zudem flossen hohe Bestechungsgelder. Der frühere Finanzminister des Landes sowie drei ehemalige hochrangige Angestellte der CS wurden Anfang Jahr auf Ersuchen der US-Behörden verhaftet. Die US-Anklageschrift richtet sich vorerst nur gegen natürliche Personen, gegen die Banken selbst haben die Behörden bislang keine Anklage erhoben. Fachpersonen gehen jedoch davon aus, dass sich das noch ändern wird. Eine weitere Klage wurde von Mosambik eingereicht – unter anderem gegen die CS in London. Die Bank beteuert ihre Unschuld. Die ehemaligen Mitarbeitenden hätten die internen Kontrollen der Bank gezielt ausgehebelt, erklärte Verwaltungsratspräsident Urs Rohner an der Generalversammlung im April dieses Jahres. Public Eye reicht Strafanzeige ein Nachdem die US-Anklageschrift bekannt wurde und die Schweizer Strafbehörden sich ein weiteres Mal als nicht

zuständig erklärten, hat Public Eye Ende April eine Strafanzeige gegen die CS bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Denn aus öffentlich zugänglichen Dokumenten geht hervor, dass die Unternehmensführung in Zürich Informationen über die Kreditvergabe gehabt haben muss und trotz klarer Warnzeichen nicht eingeschritten ist. Die CS hatte zwar als Teil ihrer internen Kontrollen Bedingungen für die Gewährung des Kredits an Mosambik aufgestellt – aber keine dieser Bedingungen wurde eingehalten. Neue Verbindungen zwischen London und Zürich Mitte September machte das Magazin des Tagesanzeigers neue Dokumente publik, die wir mittlerweile der Bundesanwaltschaft nachgereicht haben: Sie bestätigen, dass der Hauptsitz der CS viel tiefer in die Kreditvergabe verstrickt war als bisher bekannt. Denn entgegen der eigenen Darstellung der Schweizer Grossbank war nicht nur die britische Tochtergesellschaft am Kreditgeschäft beteiligt; auch die London Branch der Credit Suisse AG war massgeblich involviert. Im Unterschied zur CSi ist diese Niederlassung nicht bloss eine Tochtergesellschaft, sondern eine eigene Filiale der Schweizer CS. Dies stellt ein weiteres zentrales Indiz dafür dar, dass die Schweiz für ein Strafverfahren zuständig ist. Bis heute hat die Bundesanwaltschaft in Bezug auf die Strafanzeige lediglich mitgeteilt, dass die Zuständigkeit des Bundes überprüft werde. CSi-Mitarbeitende bekennen sich schuldig Rund um die Kreditvergabe sind an verschiedenen Orten auf der Welt juristische Untersuchungen hängig. Nachdem schon im Frühjahr bekannt wurde, dass sich die in den USA mit beschuldigte ehemalige CSi-Managerin Detelina Subeva als schuldig bekannt hatte, haben mittlerweile auch die beiden anderen ehemaligen


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.